Der Bau des Rhein-Herne-Kanals (1906 bis 1914) führte bereits nach der Aufnahme der ersten Erdarbeiten zu einer tiefgreifenden Veränderung der einst so beschaulichen Auenlandschaft der Emscher in Crange.
Die Emscher, die sich in diesem Bereich zuvor windungsreich durch Pferdekoppeln und Wiesen zog, wurde begradigt, in einem Betonbett gefasst und nach Norden verschoben.
Der Grund dafür war die Absicht, zeitgleich mit dem für die Binnenschifffahrt vorgesehenen Kanal in Crange eine Schachtschleuse sowie zwei Häfen, den Westhafen und den Osthafen, anzulegen.
DIE STRASSENBAHN MUSS WEICHEN
Für den Kanal und die Schleuse, die wir oben auf einem Postkartenmotiv aus den 1920er-Jahren sehen (unbekannter Postkartenverlag – Sammlung Ludwig Schönefeld) musste die traditionelle Straßenverbindung zwischen Wanne und Herten weichen – und mit ihr die ursprüngliche Trasse der Straßenbahn Recklinghausen – Herten – Wanne.
Nachdem als Ersatz ursprünglich mehrere Trassenvarianten über bestehende Wege im Cranger Emscherbruch diskutiert worden waren, entschied man sich für eine Alternative, die den geplanten Häfen eine größtmögliche Expansion ermöglichen sollte. So wurde die damalige Hertener Strasse (seit 28. April 1926 Recklinghauser Straße) als gänzlich neue Straße angelegt.
Von Herten kommend zweigte die neue Straße hinter dem Waldfriedhof von der ursprünglichen Hertener Strasse ab, um in südwestlicher Richtung etwa 500 Meter geradlinig auf den Rhein-Herne-Kanal zuzulaufen. Nachdem dieser mit einer neuen Brücke überquert war, wurden nach rund 50 Metern die Dorstener Strasse und eine neue Ausweichstelle erreicht.
Über die Dorstener Straße lief das Gleis über einen halben Kilometer bis zum heutigen „Cranger Tor“. Dort mündete die Neubaustrecke wieder in die bestehende Trasse in der damaligen Bahnhofstrasse (später Hindenburgstraße, seit 1947 Hauptstraße) ein.
Die Bauarbeiten wurden im Frühjahr 1911 aufgenommen. Bereits am 28. Mai 1911 konnte die neue Streckenführung in Betrieb genommen werden.
WESTHAFEN
Nach kurzer Zeit, am 15. Juli 1911 feierte die 1906 gegründete „Gesellschaft Kanalhafen Wanne-Gelsenkirchen-Kanal“ den „ersten Spatenstich“ für den Westhafen. Die Anlage war für den Umschlag der von Bergbau und Stahlindustrie benötigten Massengüter ausgelegt: Kohle, Erze und Holz. Am 11. November 1914 nahm der Hafen den Betrieb auf.
Die nachfolgende Postkarte zeigt den Westhafen Anfang der 1920er-Jahre aus der Perspektive, die die Fahrgäste der Straßenbahn von der Recklinghauser Straße hatten (Postkarte ohne Verlagsangabe – Sammlung Ludwig Schönefeld).
OSTHAFEN
In Ergänzung des Westhafens entstand im Osten der Cranger Schleuse eine zusätzliche Umschlagsmöglichkeit. Am Ladekai des Osthafens wurden ursprünglich Lebensmittel, Getreide und Industriegüter umgeschlagen, später dann vermehrt Schrott.
Das gesamte Ensemble aus Rhein-Herne-Kanal, Häfen und Schleuse ist auf der von Cramers Kunstanstalt in Dortmund als Postkarte verlegten Luftaufnahme aus dem Jahr 1971 gut zu erkennen. Im Vordergrund verläuft die Recklinghauser Strasse (Sammlung Ludwig Schönefeld).