ERNÜCHTERUNG

Die neue Straßenbahnverbindung wurde gut angenommen. Die Betriebsergebnisse waren jedoch von Anfang an nicht so überzeugend wie erwartet. Für das erste Betriebsjahr wies der Abschluss nur einen Gewinn von etwa einem Prozent des Anlagekapitals aus. Der Verwaltungsausschuss beschloss daher, die Tarife anzuheben und von den beteiligten Gemeinden und Städten Zuschüsse für den Betrieb der Straßenbahnlinie zu fordern.

Im Gesellschafterkreis übernahm die Stadt Herne die Anteile der am 1. April 1908 eingemeindeten Gemeinde Baukau. Der bei der Betriebseröffnung auf Probe eingeführte 10-Minuten-Takt wurde vom 1. April 1908 an nur noch von zwölf Uhr mittags bis sechs Uhr abends angeboten. Während der übrigen Zeit fuhren die Wagen in Abständen von 20 Minuten.

Mit der Gemeinde Holsterhausen schloss die Gesellschaft am 1. April 1908 einen Vertrag zur Überwachung der dortigen elektrischen Licht- und Kraftanlage. In der zweiten Hälfte des Jahres 1908 begann die Kommunale Straßenbahn mit der Anlage einer elektrischen Straßenbeleuchtung für die Stadt Wattenscheid und für die Gemeinde Hordel.

Auch 1909 und 1910 besserte sich die finanzielle Lage der Gesellschaft nicht. Dafür wurde im Verlauf der Bielefelder Straße zwischen Holsterhausen und der Gemeindegrenze nach Eickel der Bau einer Straßenunterführung anstelle der anfangs niveaugleichen Kreuzung mit der Staatsbahn in die Wege geleitet. Am 20. Februar 1910 war dort der Triebwagen 7 der Straßenbahn mit einem aus Wanne kommenden Personenzug kollidiert.

Für etwa einen Monat wurde der Straßenbahnverkehr während der Bauarbeiten an der Eisenbahnkreuzung in Holsterhausen unterbrochen. Drei Wagen verblieben für den Straßenbahnverkehr zur Endstelle Baukau auf der Baukauer Seite der Staatsbahn. Nachts wurden sie mit einem Zaun umgeben und von einem eigens eingestellten Wächter bewacht.

NICHT ZUFRIEDENSTELLEND

Die an der Kommunalen Straßenbahn beteiligten Städte und Gemeinden waren mit der Entwicklung, die die Kommunale Straßenbahn genommen hatte, nicht zufrieden. Einen Ausweg glaubte man in einer Ausweitung des Straßenbahnnetzes zu finden. Am 11. Mai 1911 traf sich der Verwaltungsausschuss der Kommunalen Straßenbahn zu einer Besprechung über die folgenden Anschlusslinien:

1.) eine Linie vom Bahnhof Wanne über die Hernerstraße und Dorstener Chaussee bis zur Mittel- und Bielefelderstraße in Eickel, wo die Linie Herne – Höntrop verkehrte,

2.) eine Linie vom Bahnhof Wanne durch die Wilhelmstraße nach Gelsenkirchen-Bismarck,

3.) eine Linie vom Bahnhof Wanne durch die König- und Bochumerstraße nach Röhlinghausen,

4.) eine Linie nach Wanne, abzweigend von  der Wilhelmstrasse in Herne.

Die Kommunale Straßenbahn konnte diese Projekte nicht verwirklichen. Auch die Optimierung der Anzahl und Anordnung der Ausweichen, die das Regierungspräsidium am 30. Oktober 1912 genehmigte, verbesserten die Situation nicht.

Das Beitragsbild zeigt Triebwagen 11 in der Königstraße in Eickel. Die von Cramers Kunstanstalt in Dortmund hergestellte Postkarte wurde 1922 für einen Verlag in Eickel nachgedruckt und erst 1928 verschickt (Verlag Konrad Droste, Eickel – Sammlung Ludwig Schönefeld).

Das Motiv ist der Postkarte ist deutlich älter. Es wurde bereits 1912 von Cramers Kunstanstalt auf eigene Rechnung in Eickel verkauft. Die Zielschilder wurden nach der Eingemeindung von Baukau nach Herne am 1. April 1908 auf „Herne (Bf.)“ umgestellt. Der Zusatz „(Bf.)“ stand in Klammern, weil die Fahrgäste die 400 Meter von der Endstelle in der Bismarckstraße bis zum Herner Bahnhof zu Fuß zurücklegen mussten. Die angestrebte Verlängerung der Linie zum Bahnhof Herne (Vinckestraße) konnte erst am 8. Juli 1914 in Betrieb genommen werden.