Die ersten Straßenbahnwagen in Herne waren kleine, zweiachsige Fahrzeuge. Im November 1894 gehörten auf der Verbindung von Bochum nach Herne fünf Triebwagen zur Grundausstattung. Sie unterschieden sich deutlich von den später folgenden Fahrzeugen: Als Stromabnehmer fand eine Kombination von Stangen- und Bügelstromabnehmer Verwendung. An den Seitenwänden war „Bochum – Herne“ angeschrieben. Das war eindeutig, so dass man auf weitere Ziel- und Seitenschilder verzichten konnte.
Ab 1895 folgten in mehreren Serien die Triebwagen 6 bis 57 und 60 bis 75. Sie wurden von Siemens & Halske zentral bei unterschiedlichen Waggonfabriken – Herbrand, Hofmann und Stoll – beschafft.
Abweichend von den „Prototypen“ erhielten die ab 1895 gelieferten Triebwagen den sogenannten Lyra-Stromabnehmer. An den Endstellen musste der Schaffner den Bügel an einer Leine von der Oberleitung abziehen und auf dem Dach des Wagens so drehen, dass er in Fahrtrichtung „nachgezogen“ werden konnte. Der Fahrer wechselte derweil den Führerstand und hatte mit den Kurbeln für Fahrschalter, Richtungswender und Handbremse zahlreiche Handgriffe zu erledigen. Auch die fünf Wagen aus dem Jahr 1894 wurden auf Lyra-Stromabnehmer umgerüstet.
BEIWAGEN FÜR DEN AUSFLUGSVERKEHR
Für die besonders verkehrsreichen Streckenabschnitte sowie für den beliebten Ausflugsverkehr an Wochenenden und Feiertagen gab es Beiwagen, die an den Ausweichen „umgesetzt“ werden konnten. Zwischen 1895 und 1897 beschaffte Siemens bei den gleichen Herstellern, die bereits die Triebwagen geliefert hatten, insgesamt 41 bauartgleiche Beiwagen für den Bochumer und den Gelsenkirchener Betrieb (Beiwagen 101 bis 141).
14 weitere Beiwagen (Beiwagen 142 bis 155), bei denen im Sommer die Fenster herausgenommen werden konnten, wurden 1898 bei den Kölner Waggonfabriken Herbrand (Wagenkasten) und van der Zypen & Charlier (Fahrgestell) beschafft. Sie entsprachen weitgehend den Sommer-Winter-Beiwagen, die 1891 vom gleichen Herstellerkonsortium für die Straßenbahn in Gera geliefert worden waren.
Mit ihrem leuchtenden Anstrich in Rot und Creme unterschieden sich die den Betrieben in Bochum und Gelsenkirchen zugeteilten Fahrzeuge von denen anderer Städte, für die Siemens & Halske ebenfalls einen Straßenbahnbetrieb aufgebaut hatte. Während der vier- oder fünffenstrige Fahrgastraum geschlossen war, mussten die Fahrer auf offenen Plattformen ihren Dienst versehen. Eine besonders im Winter unangenehme Arbeit.
Besonders im Winter war das Leben der Straßenbahner hart. Oft war die Fahrleitung vereist und die Stromzufuhr wurde unterbrochen. In solchen Fällen musste der Schaffner versuchen, mit dem Stromabnehmer das Eis von der Fahrleitung abzuschlagen, um so den Kontakt wieder herzustellen.
Das Beitragsbild zeigt Triebwagen 26 im Bochumer Betriebshof an der Voedestraße. Um den Fahrgästen eine angenehmere Fahrt im Winter zu ermöglichen, wurden die Wagen mit Filzdecken gedämmt (Fotos: Siemens Historical Institute):
Die Fahrgäste wussten trotz der im Gegensatz zu heutigen Straßenbahnwagen unbequemen Fahrt auf den Holzbänken der ersten Fahrzeuge ihr neues Verkehrsmittel zu schätzen. Auf Postkarten und frühen Fotos dokumentierte man mittels der entsprechend in Szene gesetzten Straßenbahn den fortschrittlichen Geist in der Stadt.
WEITERE FAHRZEUGBESTELLUNGEN
1896 wurde in Berlin die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG gegründet. Fortan übernahm sie die Fahrzeugbestellungen. Jetzt wurde die Unternehmensbezeichnung auch an den Seitenwänden der Wagen angeschrieben. Weitere Details entnehmen Sie bitte den folgenden Unterkapiteln BOGESTRA 1900 BIS 1949 und BOGESTRA 1950 BIS HEUTE.