AUS FÜR DIE LINIE 1

Mit den vierachsigen Großraumwagen und den Umbau-Gelenktriebwagen setzten die Vestischen Straßenbahnen GmbH modernes Rollmaterial auf der Linie 1 ein. Die zeitgleich mit der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG auch von der Vestischen Straßenbahnen GmbH beschafften, aber technisch anders ausgestatteten Düwag Gelenk-Zweirichtungswagen des Typs „Bochum“ kamen auf der Linie 1 nur in Ausnahmefällen zum Einsatz.

Der zeitgemäße Fahrzeugpark konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Investitionen in einen zeitgemäßen Ausbau der Trasse über Jahre nicht erfolgt waren. So unterblieb trotz ausreichender Grundstücksreserven ein zweigleisiger Ausbau des eigenen Bahnkörpers zwischen Herten und dem Rhein-Herne-Kanal ebenso wie der zweigleisige Ausbau der Stadtstrecken in Wanne-Eickel.

Ohnehin reifte in der Geschäftsführung der Vestischen Straßenbahnen GmbH die Annahme, dass ein reiner Omnibusbetrieb auf lange Sicht kostengünstiger durchzuführen sei.

All dies nagte an der Zukunft der Linie 1. Am 1. März 1969 übernahmen die „1“ von der zuvor stillgelegten Linie 5 in Recklinghausen das kurze Streckenstück vom Hauptbahnhof zum Nordcharweg.

Dann jedoch zogen „dunkle Wolken“ auf: Ende 1969 waren Reparaturarbeiten an der Brücke über den Rhein-Herne-Kanal notwendig. Über das gesamte Frühjahr 1959 ersetzten Omnibusse zwischen dem Westhafen und Wanne-Eickel Hbf. die Straßenbahn. In Herten hegte die Stadtverwaltung den Wunsch, die Ewaldstraße in eine Fußgängerzone umzubauen. Ein dauerhafter zweigleisiger Straßenbahnverkehr zwischen den Passanten war nicht vertretbar.

Nachdem die Straßenbahn im Frühsommer 1970 für wenige Wochen nach Wanne-Eickel zurückkehrte, wurde der Streckenabschnitt zwischen Herten Mitte und Wanne-Eickel Hbf. schließlich am 16. August 1970 dauerhaft eingestellt.

WAS BLIEB

Knapp drei Jahre später, am 3. Juni 1973 entfiel die Verbindung von der Haltestelle Herner Straße nach Herten Mitte zugunsten einer Verlängerung der Linie 1 von Herten nach Gelsenkirchen, über Resse, Buer und Hassel nach Polsum im 30-Minuten-Takt. Im Wechsel mit der bis Buer parallel verkehrenden Linie 10 wurde ein 15-Minuten-Takt erzielt. Beim folgenden Umbau Ewaldstraße in Herten zur Fußgängerzone verblieb nur noch eine gelegentlich befahrene, eingleisige Zufahrt zum weiterhin als Hauptwerkstatt der Vestischen Straßenbahnen genutzten Betriebshof.

Auf Wunsch der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG, die in Gelsenkirchen zwischen dem Hauptbahnhof, Buer und Horst ebenfalls eine Linie 1 betrieb, musste die Vestische Straßenbahnen GmbH ihre „1“ mit dem Fahrplanwechsel am 27. Mai 1974 in Linie 11 umbenennen. Man befürchtete, dass insbesondere die Besucher im Juni 1974 beginnenden Fußball-Weltmeisterschaft die unterschiedlichen Gesellschaften nicht auseinanderhalten würden.

Die einst stolz geführte Linienbezeichnung „1“ wurde im Anschluss nur noch für einen Pendelwagen zwischen dem Hauptbahnhof Recklinghausen und der Haltestelle Nordcharweg verwendet. Am 16. November 1975 war auch diese Episode Geschichte.

Das Beitragsbild aus dem Jahr 1959 zeigt den Triebwagen 392 auf der Linie 1 und den Triebwagen 99 auf der Gelsenkirchener Linie 4 vor dem Peckelsen-Hochhaus in Wanne-Eickel. Damit kamen aus Sicht der Straßenbahnfreunde gleich zwei Raritäten auf das Bild: der erste Umbau-Gelenktriebwagen der Vestischen Straßenbahnen GmbH und der einzige mit einem Nummernkasten auf dem Dach ausgestattete KSW-Triebwagen der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG.

Als die Postkarte am 20. August 1966 verschickt wurde, war die „4“ schon lange eingestellt. Der „1“ blieben noch knappe vier Jahre (Verlag Heinrich Koch, Essen – Sammlung Ludwig Schönefeld).

ZURÜCKZUM NÄCHSTEN KAPITEL