AUGUST FORK

Ein Mann war besonders stolz auf die neue Straßenbahnverbindung von Gelsenkirchen nach Wanne: der Hauderei-Besitzer und Gastronom August Fork. Er betrieb in der Gemeinde Bickern, unweit des damaligen Bahnhofs Wanne, eine Hauderei und den Gasthof „Zum Reichsadler“ an der Gelsenkirchener-Strasse (ab 1926 „Gelsenkircher Straße“).

Als „Hauderei“ wurde zur damaligen Zeit ein Fuhrunternehmen mit Pferdekutschen bezeichnet. August Fork besaß Kutschen für den Personenverkehr, war aber auch – wie eine an seinem Haus angebrachte Werbetafel anpries – im Leichen- und Möbelfuhrwerk tätig.

PFERDEOMNIBUSSE

Gemeinsam mit Bernhard Fork, vermutlich einem Bruder, bot August Fork einen Linienverkehr mit Pferdeomnibussen zwischen dem Bahnhof Wanne und der Wirtschaft „Zur Post“ in Herten an. Stark frequentierte Haltepunkte der Linie waren die Wirtschaften Schemann und Brunert. Darüber hinaus hielten die Pferdeomnibusse in Crange, an der „2. (Emscher)Brücke“ und an der Zeche Ewald. Die Fahrt auf einer Teilstrecke kostete 20 Pfennig, das Retourbillet für die Gesamtstrecke 1 Mark. Jedes Unternehmen fuhr auf eigene Rechnung.

Am 9. Mai 1901 wurde die Omnibuslinie eingestellt, einen Tag später fuhr erstmals die Straßenbahn von Recklinghausen über Herten nach Wanne.

GASTRONOMIE

Die Forks waren gute Unternehmer: Um die Einnahmen aus dem fortfallenden Omnibusbetrieb zu substituieren, investierten sie in andere Geschäftszweige. Bernhard Fork betrieb seit 1893 ein privates Schlachthaus. August Fork investierte in den Gasthof „Zum Reichsadler“ an der Gelsenkircher Straße.

Um für den Gasthof zu werben, gab August Fork bei unterschiedlichen Verlagen Postkarten in Auftrag. Und er erkannte die Chancen, die sich aus der Lage der Straßenbahnendstelle vor seinem Haus ergaben. Wohl auch deshalb spielt die Straßenbahn auf den um die Jahrhundertwende von August Fork verkauften Postkarten immer eine Hauptrolle.

Als Titelmotiv sehen wir einen von der Waggonfabrik Weyer in Düsseldorf gebauten Triebwagen vor dem Gasthof „Zum Reichsadler“. Nach zwei Prototypen wurden die formschönen Fahrzeuge 1900 und 1901 ausgeliefert. Im Wagen posieren der Fahrer und der Schaffner. Zwei weitere Mitarbeiter der Straßenbahn stehen vor dem Fahrzeug. Viel spricht dafür, dass es sich bei dem Herrn mit Melone um August Fork handelt (Restauration August Fork (Ausschnitt) – Sammlung Volker Bruckmann).

Wie auf der oben gezeigten Postkarte zu lesen, warb August Fork mit der Lage seines Lokals an der „Endstelle der Strassenbahnen Recklinghausen – Wanne und der Strassenbahnen Gelsenkirchen – Bulmke“.

Auf einem zweiten, von August Fork verkauften Postkartenmotiv ist die Endstelle der Straßenbahn Recklinghausen – Herten – Wanne in der Hauptstrasse gut zu sehen. Diesem Verkehrsbetrieb ist auf dieser Website ein eigener Abschnitt gewidmet.

Eine dritte Postkarte zeigt das Umfeld der Gaststätte „Zum Reichsadler“, insbesondere die Gelsenkirchner-Strasse und die damalige Haupt-Strasse, die den Bahnhof mit dem Geschäftszentrum von Wanne verband.

Die Fotos, die für die von August Fork verkauften Postkarten angefertigt wurden, sind bis heute die einzigen, erhaltenen Bilddokumente der Endstelle. Sie zeigen aber auch die unterschiedlichen Facetten des Alltags am „Reichsadler“.

Ein tragisches Unglück ereignete sich am 28. September 1897, als ein bei August Fork beschäftigter Kutscher bei einem Verkehrsunfall das Leben verlor. Das Pferd seines Fuhrwerks scheute beim Herannahen der Straßenbahn. Der Kutscher fiel infolgedessen von seinem Wagen und geriet zwischen den Trieb- und Beiwagen der Straßenbahn. Er verstarb auf dem Weg zum Krankenhaus, konnte zuvor aber noch zu Protokoll geben, dass den Fahrer der Straßenbahn keine Schuld an dem Unglück traf.

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  • Die Postkarte mit dem Titelmotiv in voller Größe.
    Restaurant August Fork, Wanne - Sammlung Volker Bruckmann