Nach dem kurzen Aufschwung in der unmittelbaren Nachkriegszeit begann der Abschied der Straßenbahn Herne – Castrop-Rauxel vom Schienenverkehr. Dieser hatte sowohl politische als auch technische Gründe. Es war absehbar, dass der überalterte Wagenpark und der Zustand der Betriebsanlagen mittelfristig hohe Investitionen erfordert hätten.
Die Betriebsleitung der Straßenbahn Herne – Castrop-Rauxel kämpfte für die Aufrechterhaltung des Schienenverkehrs. Sie plante Anfang 1951 noch den doppelgleisigen Ausbau der verbliebenen eingleisigen Abschnitte in der Mont-Cenis-Straße, um bis zum Amtshaus in Sodingen eine dichtere Wagenfolge anbieten zu können.
Dafür jedoch hätten weitere Neubau-Fahrzeuge beschafft werden müssen. Da dafür in Herne der politische Wille fehlte, fiel am Ende die Entscheidung für einen reinen Omnibusbetrieb.
BLITZ UND BRUCHBAHN
Tatsächlich hinterließen die Fahrzeuge in den letzten Jahren einen zunehmend schlechteren Gesamteindruck. Auch die hohe Luftverschmutzung durch die Kraftwerke der Zechen und – vor allem im Winter – die zahlreich vorhandenen Kohleheizungen trugen zum unvorteilhaften Erscheinungsbild der Bahn bei:
Auch in der Bevölkerung hatte die Straßenbahn Herne – Castrop-Rauxel nicht nur Freunde: In Anlehnung an die alte Linienbezeichnung „B“ gaben ihr Fahrgäste und Personal sogar den Spitznamen „Blitz und Bruchbahn“.
Dazu beigetragen hat wohl auch ein schwerer Unfall, der sich kurz nach der Inbetriebnahme der Lenkdreiachser in Höhe des Abzweigs in die Vinckestraße in der Bahnhofstraße ereignete. Involviert waren Triebwagen 51 und Beiwagen 102, ein Omnibus der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG und ein Zug der Vestischen Straßenbahnen GmbH (Bildarchiv der Stadt Herne):
FRÜHES ENDE
Als erstes Teilstück wurde der überwiegend eingleisige Abschnitt zwischen Castrop und dem Amtshaus in Sodingen aufgrund des schlechten Zustandes der Altbau-Triebwagen und der Gleisanlage am 31. Dezember 1951 stillgelegt.
Einen Monat zuvor gelang dem Straßenbahnfreund Dieter Waltking am 14. November 1951 ein letztes Bild am Münsterplatz in Castrop-Rauxel. Es ist das einzige bekannte Nachkriegsbild der Endstelle. Deshalb habe ich mich entschlossen, es hier trotz der schlechten Qualität als Beitragsbild zu verwenden (Sammlung Axel Reuther).
An die letzten Einsatzwochen der Verbindung nach Castrop erinnert ein am 18. August 1950 von Dieter Waltking aufgenommenes Foto von Triebwagen 42 und Beiwagen 101 in der Umsetzanlage am Herner Bahnhof (Sammlung Axel Reuther). Der britische Straßenbahnfreund John H. Price fotografierte den Triebwagen 42 wenige Wochen später, am 11. September 1950, in der Herner Bahnhofstraße (Sammlung VDVA):
Als Ersatz für die Straßenbahn fuhr ab dem 1. Januar 1952 die Omnibuslinie 11 zwischen dem Bahnhof in Herne und dem Münsterplatz in Castrop. Diese wurde sehr gut angenommen. Zwischen Herne Bahnhof und dem Amtshaus in Sodingen wurde zeitweise sogar ein höherer Tarif für den Omnibus berechnet, um eine gleichmäßige Verteilung der Fahrgäste auf den Omnibus und die parallel verkehrende Straßenbahn zu gewährleisten.
Auf dem letzten Bild dieses Kapitels sehen wir stellvertretend für die spätere Linie 11 einen Omnibus der Straßenbahn Herne – Castrop-Rauxel hinter einem zwischen Gerthe und Horsthausen eingesetzten Obus der Bochum-Gelsenkirchen Straßenbahnen AG. Auch dieses seltene Motiv wurde am 11. September 1950 von John H. Price aufgenommen (Sammlung VDVA).