BOGESTRA AB 1950


GROSSRAUMWAGEN

Ein symbolischer und technischer Höhepunkt der Nachkriegszeit war die Einführung der vierachsigen Großraumwagen in den Jahren 1952 und 1953. Die für ihre Zeit sehr fortschrittlichen, stromlinienförmigen Fahrzeuge wurden auf der Linie 2 eingesetzt (Triebwagen 200 bis 216). Sie hatten nur einen Führerstand und konnten so auch nur in eine Richtung fahren. Ab 1955 fuhren die Großraumwagen mit passenden Anhängern (Beiwagen 500 bis 515): Rund 200 Personen konnten so mit einem Straßenbahnzug befördert werden.

In Herne wurden die Großraumwagen nicht eingesetzt. Zwar wäre es möglich gewesen, die Großraumzüge auf den Linien 8 und 18 in Recklinghausen zu wenden. In Herne jedoch fehlte jedoch eine Wendemöglichkeit. Auch an den südlichen Endstellen der Linien 8 und 18 in Hattingen und Dahlhausen war der Bau von Wendeschleifen oder Wendedreiecken nicht geplant.

VERBANDSTYPEN

Parallel zu den Neubeschaffungen wurden auf den Fahrgestellen kriegszerstörter Fahrzeuge in der eigenen Werkstatt Ein- und Zweirichtungswagen (verschiedene Nummern) sowie fünf Gelenkwagen mit „schwebendem Mittelteil“ (Triebwagen 256 bis 260) nach Plänen des Verbandes öffentlicher Verkehrsbetriebe gebaut. Auch eine kleine Neubauserie (Triebwagen 181 bis 185 und Beiwagen 337 bis 340) entsteht nach diesen Zeichnungen. So ist bald wieder ein recht umfangreicher Fahrzeugbestand einsatzbereit. Die im Volksmund bald als „Schüttelrutschen“ bezeichneten Gelenktriebwagen sind über viele Jahre auf der Linie von Bochum nach Wanne-Eickel unterwegs.

EINRICHTUNGSWAGEN

Ergänzend zu den Großraumwagen kommt 1955 eine Serie sechsachsiger Düwag-Einrichtungswagen in Fahrt (Triebwagen 250 bis 255). Der Typ hat bei der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG wenig Erfolg, wird aber in großen Stückzahlen von der aus der Süddeutschen-Eisenbahn Gesellschaft hervorgegangenen Essener Verkehrs AG beschafft und lange in Gelsenkirchen eingesetzt. Auch diese Triebwagen finden später auf der Linie 6 nach Wanne-Eickel ein zweites Einsatzgebiet.

STANDARDWAGEN

Die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG setzt – wie auch die Vestischen Straßenbahnen ab 1957 auf Gelenktriebwagen in Zweirichtungsbauart. Sie werden in hohen Stückzahlen in mehreren Serien beschafft, die sich in der elektrischen Ausstattung und in der Inneneinrichtung je nach Baujahr geringfügig unterschieden. In den 1980er- und 1990er-Jahren, nach der Abstellung der Altfahrzeuge und Einrichtungswagen wurden diese Fahrzeuge als „Standardwagen Typ GT6“ bezeichnet (Triebwagen 261 bis 298 und 1 bis 53).

Die vierachsigen Großraumwagen werden 1964 durch das Einfügen eines neuen Mittelteils mit Gelenk zu größeren, sechsachsigen Gelenkwagen umgebaut. Sie verkehrten später hauptsächlich zwischen Gelsenkirchen und Horst auf der Linie 1 sowie in Bochum auf der Linie 6. Der letzte dieser Umbautriebwagen bleibt bis 1982 in Betrieb.

M-WAGEN

Mit dem von DUEWAG und Siemens in enger Zusammenarbeit mit den Verkehrsbetrieben im Ruhrgebiet entwickelten Stadtbahnwagen Typ „M“ kam 1977 erneut eine neue Straßenbahngeneration in Gelsenkirchen zum Einsatz. 33 Triebwagen wurden 1976/77 mit Siematic-Steuerung geliefert, 22 weitere 1982 mit einer Chopper-Steuerung.

Die M-Wagen der ersten Lieferserie werden zunächst ausschließlich auf den Linien 5 (ab 1. Januar 1980 305), 2 (302) und 10 (310) eingesetzt. 1979 kommen sie mit der U-Bahn-Eröffnung in Bochum auch auf die Linien 8 und 18 (308 und 318). Nach der U-Bahn-Eröffnung in Gelsenkirchen erobern die M-Wagen dann auch die Linie 301. Zuletzt gehörte auch die Linie 306 zu ihrem Einsatzgebiet.

NIEDERFLUR UND VARIOBAHN

Auf die M-Wagen folgten in den Jahren 1992 bis 1994 die ebenfalls von DUEWAG und Siemens entwickelten Niederflurwagen des Typs MGT6D. Für sie wurden zahlreiche Haltestellen umgebaut, um den Fahrgästen einen Einstieg ohne Trittstufen zu ermöglichen.

Die jüngste Fahrzeuggeneration in Herne – auf der Linie 306 in Wanne-Eickel – sind die modernen Multigelenk-Niederflurwagen des Typs „Variobahn“ aus dem deutschen Montagewerk Pankow des Schweizer Fahrzeugherstellers Stadler. 30 Triebwagen der ersten Serie wurden zwischen 2008 und 2011 geliefert, eine zweite Serie von 15 Fahrzeugen folgte ab 2013. Ab 2016 folgte ein dritte, 42 Triebwagen umfassende Serie als Ersatz für die Niederflurwagen des Typs MGT6D. Nachdem eine Option über acht weitere Fahrzeuge eingelöst wurde, sind aktuell 95 Variobahnen bei der BOGESTRA im Einsatz.

Die M-Wagen wurden zwischen 2001 bis 2019 bis auf eine geringe Reserve abgestellt. Fünf Triebwagen der ersten Serie konnten nach Łódź in Polen verkauft werden. Ein großer Teil der zweiten Serie gelangte zum Aufbau eines neuen Straßenbahnbetriebes nach Bursa in der Türkei. Triebwagen 340 wurde 2015 zu einem Schienenschleifwagen umgebaut.

Nachdem ausreichend „Variobahnen“ zur Verfügung standen, begann die forcierte Abstellung der Niederflurwagen der ersten Generation. Sechs Fahrzeuge wurden verschrottet, ein Fahrzeug wurde als Ersatzteilspender nach Mülheim abgegeben. Die restlichen Fahrzeuge konnte die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG zwischen 2017 und 2020 in mehreren Paketen vollständig an den Verkehrsbetrieb in Łódź verkaufen. Dort werden viele von ihnen nach einem technischen und optischen „Refit“ wohl noch einige Jahre im Einsatz bleiben.