Die landespolizeiliche Abnahme der Strecke Kolonie Constantin IV/V – Gerthe, Landwehrstraße erfolgte am 20. Dezember 1910, die Eröffnung des durchgängigen Straßenbahnverkehrs von der Hauptkirche in Herne über die Kolonie Constantin zur Landwehrstraße in Gerthe am 22. Dezember 1910. Haltestellen waren „Stadtwald Gysenberg“ (später „Voss“), „Herner Zoo“ (später „Möller“), „Holtkamp“ und „Gerthe, Apotheke“.
Die Länge der Gesamtstrecke der Straßenbahn der Stadt Herne betrug nach der Inbetriebnahme der Erweiterung 4,22 Kilometer. Auf die Neubaustrecke von der Kolonie Constantin nach Gerthe entfielen 2,48 Kilometer.
Am Nachmittag um 13 Uhr nahm die Straßenbahn der Stadt Herne den planmäßigen Betrieb auf der Gesamtstrecke Herne – Gerthe auf. Zwischen Herne und der Kolonie Constantin fuhren die Wagen im Zehn-Minuten-Takt, jeder zweite Wagen fuhr von Herne nach Gerthe. Die Fahrzeit für die Gesamtstrecke betrug 16 Minuten.
Im Jahr 1910 beförderte die Straßenbahn der Stadt Herne insgesamt 303.000 Fahrgäste. Pro Wagenkilometer betrug die Einnahme 27,19 Pfennig, damit wurde ein Reingewinn in Höhe von 1,13 Prozent der Anlagekosten erzielt.
Die Ausweiche in der Wiescherstraße in Höhe des Friedhofes wurde nach der Eröffnung des durchgehenden Betriebes Herne – Gerthe nicht mehr benutzt. Zwischen dem 20. Mai und dem 24. Juni 1911 wurde sie entfernt.
LINIE C
Am 24. Mai 1912 wurde in Gerthe die Westfälische Straßenbahn GmbH gegründet. Ihre Gesellschafter waren die Städte Witten, Herne und Castrop sowie die Landgemeinden Gerthe, Harpen, Langendreer, Lütgendortmund, Werne, Bommern, Annen und Laer. Zweck der neuen Gesellschaft, die formal durch die Umbenennung der Bochum-Castroper Straßenbahn entstand, war es, durch den Bau neuer Straßenbahnstrecken weitere Gemeinden sowie neue Bergbau- und Industrieansiedlungen im Umfeld der Städte Bochum, Castrop, Herne und Witten zu erschließen. Die 1899 eröffnete Märkische Straßenbahn und die Straßenbahn der Stadt Herne wurden von den beteiligten Städten und Gemeinden, die jetzt Gesellschafter der Westfälischen Straßenbahn GmbH waren, an das neue Unternehmen verkauft.
Von der Vereinigung der zuvor selbständigen Kleinbetriebe zu einem Großunternehmen erhoffte man sich zahlreiche Vorteile. Die Verwaltung konnte konzentriert, Fahrpläne und Tarife einheitlich gestaltet werden.
Die Stadt Herne setzte sich dafür ein, auch die am 16. Januar 1908 eröffnete „Kommunalen Straßenbahn-Gesellschaft Landkreis Gelsenkirchen“ in die Westfälische Straßenbahn GmbH zu integrieren. Nach der Eingemeindung Baukaus am 1. April 1908 war sie an dem Unternehmen beteiligt. Für Herne war der Eintritt in die Westfälische Straßenbahn GmbH die beste Option, um die bei der Gründung der Straßenbahn der Stadt Herne verfolgten politischen Pläne zum Aufbau eines lokalen Straßenbahnnetzes weiterzuverfolgen.
Zur Kennzeichnung ihrer Linien führte die Westfälische Straßenbahn Buchstaben ein. Der Linie Herne – Gerthe wurde der Buchstabe „C“ zugeordnet.
Die Fahrzeuge der Straßenbahn der Stadt Herne wurden jetzt im Betriebshof Gerthe der Westfälischen Straßenbahn untergebracht. Das Verbindungsgleis von der Hiltroper Landwehr zur bestehenden Ausweiche der ehemaligen Bochum-Castroper Straßenbahn im Castroper Hellweg wurde von der neuen Eigentümerin der Herner Strecke auf eigene Kosten angelegt.
Das Beitragsbild greift hier ein wenig vor: 1914 musste auch die Westfälische Straßenbahn GmbH weibliche Arbeitskräfte gewinnen, um die eingezogenen Fahrer und Schaffner zu ersetzen. Das hier gezeigte Originalfoto stammt aus dem Fotoalbum von Charlotte Ewald (Sammlung Ludwig Schönefeld).