Die guten Betriebsergebnisse gaben der Straßenbahn Herne – Baukau – Recklinghausen die Möglichkeit, fortlaufend in den Unterhalt und die Modernisierung der Strecke zu investieren. Probleme bereiteten vor allem der Oberbau und die die ursprünglich verwendeten Schienenprofile. Die Gleisanlage litt erheblich unter der Last der schweren vierachsigen Wagen. Die Folge waren häufige Reparaturen am Unterbau und ein vorzeitiger Verschleiß der Gleise, vor allem an den Verbindungen.
Da gleichzeitig auch die Straßenverbindung von Herne nach Recklinghausen immer mehr beansprucht wurde, wurde zwischen 1907 und Ende 1908 an mehreren Stellen der ursprünglich separate Bahnkörper in das Straßenplanum integriert. Die Gleise wurden durch Rillenschienen ersetzt, die in der nunmehr gepflasterten Straße einen deutlich besseren Halt hatten. Gleichzeitig wurden die Holzmaste der Oberleitung durch Masten aus Eisen ersetzt.
Das folgende, vermutlich 1908 in Recklinghausen-Süd aufgenommene Postkartenmotiv zeigt die Umbauarbeiten in der Bochumer Straße in Höhe der heutigen Hausnummer 142. Im Vordergrund sind die noch nicht lackierten Eisenmaste zu erkennen: Die Ausleger zur Aufhängung der Oberleitung wurden entsprechend adaptiert. In der Bildmitte ist der Umbau der Gleise zu erkennen: Im Vordergrund liegen bereits die Rillenschienen im Straßenplanung, im Hintergrund noch die ursprünglichen, leichten Vignolschienen (Verlag Carl Moryan, Recklinghausen – Sammlung Ludwig Schönefeld).
Die ertüchtigte Strecke erlaubte höhere Geschwindigkeiten. Abermals mussten deshalb Ausweichen verlegt werden: Die Ausweiche Weidestraße in Höhe von Schloß Strünkede wurde auf die Höhe des ehemaligen Horsthauser Zweigkanals verlegt und in „Hafen“ umbenannt – hier kreuzt heute die Autobahn A 42.
Die Ausweichen Neumarkt und Berghäuser Straße (Kraftstation) in Bruch entfielen zugunsten einer neuen Ausweiche in Höhe der Einmündung der damaligen Düppelstraße (heute Elbestraße). Auf dem Teilstück nördlich der Kreuzung mit der König Ludwig Zechenbahn wurde die Ausweiche an der Blitzkuhlenstraße aufgegeben. Stattdessen fand die Kreuzung nunmehr in Höhe der Einmündung der Röllinghäuser Straße statt.
1919 verlegte der Verlag Cramers Kunstanstalt in Dortmund erstmals eine in den folgenden Jahren – 1921 und 1924 – mehrfach neu aufgelegte Mehrbildkarte. Sie dokumentiert die Fahrt der Straßenbahn Baukau – Recklinghausen durch Recklinghausen-Süd von der Einmündung der Grullbadstraße bis zur Einmündung der Elisabethstraße südlich der Lutherkirche. Die Postkarte ist einerseits ein Beispiel für die hohe Druckqualität der Verlag in den 1920er-Jahre. Sie zeigt aber im direkten Vergleich der Varianten auch, was in der Retusche unternommen wurde, um den Geschmack der Käufer bestmöglich zu treffen.
Das sehr flache Bild der Bochumer Straße im Zentrum der Postkarte ließ sich nicht in den Slider integrieren. Es zeigt links die Einmündung der damaligen Bahnhofstraße (heute Hochlarmarkstraße). Das Gebäude mit dem Cigarren-Geschäft wurde mehrfach aufgestockt. Es ist heute noch vorhanden (Bochumer Straße 248). Vor dem Haus lässt sich auf den Originalpostkarten noch schwach die nach rechts in die Straße hereinragende Ausweiche Bahnhofstraße identifizieren.
UMBAU DES MARKTPLATZES IN RECKLINGHAUSEN
Im Zusammenhang mit einer 1909 abgeschlossenen Umgestaltung und Pflasterung des Marktplatzes wurde das Gleis von der Breitestraße kommend nunmehr auf die Ostseite des Marktes verlegt. Nachdem inzwischen die an die Ausweiche in der Viktoriastraße angebundene doppelgleisige Strecke in der Bahnhofs-Allee zur Verfügung stand, konnte die Ausweiche am Markt entfallen.
An der Nordseite des Marktes gab es jetzt eine leicht zur Westseite des Marktplatzes ausladende Gleisführung in die Kunibertistraße. Sie war notwendig, um Mindestradius für die von der Straßenbahn eingesetzten Vierachser zu erreichen.
Der Fotograf Joseph Schäfer fotografierte nach dem Umbau einen der modernen Vierachser auf dem neuen Gleis. Die Aufnahme ist im Bildarchiv des LWL-Medienzentrums für Westfalen erhalten, darf aber hier aus Urheberrechtsgründen nicht eingebunden werden.
Unmittelbar nach der Einmündung der Strecke in die Kunibertistraße entstand das Beitragsbild. Es zeigt Triebwagen 10 auf einer 1912 gelaufenen Postkarte (Postkarte ohne Verlagsangabe – Sammlung Ludwig Schönefeld) in der Kunibertistraße.
Die Motive der Bildfolge geben uns zunächst einen Eindruck von der neuen Gleislage auf dem Marktplatz. Auf dem vierten und fünften Motiv sieht der Fotograf durch die Kunibertistrasse zum Kunibertitor. Dort entstand 1910 das Postkartenmotiv mit dem Bahnhofs-Hotel.