Am 2. Juni 1923 wurde die Betriebsführung der Straßenbahn Herne – Recklinghausen von den Anteilseignern an die Vestische Kleinbahnen GmbH übergeben. Die Vestische Kleinbahnen GmbH war am 25. Mai 1915 aus den Recklinghausener Straßenbahnen hervorgegangen.
ZWEIGLEISIGER AUSBAU
In den auf die Übernahme der Betriebsführung folgenden Jahren wurde die Strecke zwischen Herne und Recklinghausen durchgehend zweigleisig ausgebaut.
Als erstes Teilstück wurde am Mai 1924 die auf eigenem Bahnkörper verlegte Trasse von der Zeche General Blumenthal bis zur König-Ludwig-Bahn zweigleisig ausgebaut.
Am 19. Dezember 1925 war der Neubau dieses Teilstücks abgeschlossen. Die einer Überlandstrecke ähnelnde Trassenführung blieb hier bis zur Einstellung der Straßenbahn im Jahr 1982 erhalten. Auch die 1924/25 installierte Oberleitungsanlage trug dazu bei, dass der Charakter der Strecke bis zum Schluss unverändert blieb.
Bis 1928 wurde auch der zweigleisige Ausbau der im Straßenplanum verlegten Abschnitte in Recklinghausen, Recklinghausen-Süd und Herne-Baukau abgeschlossen. Auch die enge Eisenbahnüberführung an der Zeche Blumenthal wurde doppelgleisig ausgeführt. Sie blieb bis 1982 ein kritisches Nadelöhr. An der Bismarckstraße in Baukau erfolgte der Anschluss an das bereits 1921 ausgebaute Streckenstück zum Herner Bahnhof.
ÜBER DEN KAISERWALL
Im Zentrum von Recklinghausen trennte sich die Straßenbahn bereits 1922 von ihrer Innenstadtverbindung. Die nur mit geringer Geschwindigkeit passierbare Strecke über die Breitestrasse, den Markt und die Kunibertistraße wurde zugunsten einer neuen Streckenführung vom Viehtor über den Kaiserwall zum Recklinghausener Hauptbahnhof aufgegeben.
Die zunächst eingleisig in östlicher Seitenlage des Kaiserwalls angelegte Verbindung wurde am 19. Mai 1922 für den Linienverkehr freigegeben. Bis 1928 erfolgten der zweigleisige Ausbau, die Verlegung in die Straßenmitte und die Installation einer modernen, an Masten aus Schleuderbeton aufgehängten Oberleitung. Die so ausgebaute Trasse sehen wir als Beitragsbild auf einer 1940 produzierten Postkarte (Verlag Cramers Kunstanstalt, Dortmund – Sammlung Ludwig Schönefeld).
DEMONTAGE DER INNENSTADTSTRECKE
Die Gleise im Innenstadtbereich wurden ab Dezember 1922 demontiert. 1924 war die ehemalige Trasse der Straßenbahn in der Breitestraße, auf dem Markt und in der Kunibertistraße nur noch an den Aufhängungen der Oberleitung zu erkennen.
Der Marktplatz wurde in den folgenden Jahren vor allem als Parkplatz genutzt. Bereits in den 1930er-Jahren war die Freifläche oft zugeparkt: Das 1930 von Theodor Althoff an der Westseite des Marktes eröffnete, sechsstöckige Kaufhaus (Markt 16 bis 19) war ein wahrer Magnet für Käufer aus dem gesamten Umland. 1980 wurde der Marktplatz zur Fußgängerzone. Damit wurde aus Parkraum wieder ein attraktives Lebensumfeld.
Das nachfolgende Postkartenmotiv zeigt den Zustand des Marktes Ende der 1950er-Jahre. Die Geschäftshäuser am Markt 11 und 14 waren kurz zuvor eröffnet worden (Verlag Cramers Kunstanstalt, Dortmund (Ausschnitt aus einer Mehrbildkarte) – Sammlung Ludwig Schönefeld).